Dienstag, 28. Oktober 2008

Spielen um zu leben oder leben um zu spielen?

Als ich gestern und vorgestern mal wieder den Millionären beim Pokern zusah, spielten einige bis in den frühen Morgen. Tom Dwan ("durrr") saß mindestens sechs Stunden an den Tischen, vermutlich aber wesentlich länger. Tom Dwan, das ist der Spieler, der sich nach eigenen Aussagen nie Gedanken darüber gemacht hat, ob er wirklich ein guter Spieler sei. Da alle anderen aber schlecht wären, sei Poker mithin eine gute Methode an Geld zu kommen. Dabei frage ich mich, ob es wirklich nur ums Geld geht. Wenn es darum gegangen wäre, hätte er das Spielen wahrscheinlich längst dran gegeben. Das gewonnene Geld muss ja nicht unbedingt in hyperaggressive Semi-Bluffs investiert werden, die auch nicht in jedem Lehrbuch stehen.



Brian Townsend, noch ein Pokermillionär, gab mal zu Protokoll, dass er wahrscheinlich auch dann Poker spielte, wenn er verlöre. Mit dieser Einstellung ist er vermutlich nicht alleine. Denke nur an die Lottospieler, die seit 30 oder 40 Jahren jeden Samstag ihren Tippschein abgegeben haben. Unterm Strich wird es sich meist nicht gelohnt haben. Mir erscheinen, ehrlich gesagt, selbst Sportwetten als schlechtes Geschäft, schon immer, jetzt aber umso mehr, da ich am Wochenende auf Chelsea gesetzt und damit offenbar das Ende ihre Heimserie eingeleitet habe - 86 Spiele in Folge ungeschlagen. Das Geld kann also nicht allein der Grund für unser Spiel sein. Natürlich hoffen wir auf den großen Gewinn oder den einen langen upswing. Warum auch nicht? Wir fiebern mit und spielen mit Leidenschaft. Verbauen sollten wir uns deswegen nichts. Poker wird für die meisten ein schönes Spiel sein und kein Leben. Womit wir bei den Pokerweisheiten angekommen sind:

Wenn du nur Poker hast, dann hast du gar nichts.

Sagt Daniel Negreanu. Und ich nehme mal an, dass er weiß, wovon er spricht.

Es gibt diese Spielernaturen, die den Eindruck machen als würden sie nur für das Spiel leben, als wäre das Geld zweitrangig, so lange sie nur spielen können. Sie bringen eine enorme Ausdauer mit, und das Internet bietet ihnen beste Voraussetzungen. So wie Bertrand 'ElkY' Grospellier, der am Wochenende das Turnier Festa al Lago 2008 im Bellagio gewonnen hat. Mit dem Preisgeld von weit über einer Million Dollar lässt sich bequem weiterspielen. Und spielen scheint das zu sein, was er schon immer gemacht hat. Bevor er erfolgreich beim Pokern war, hatte er bereits eine Laufbahn als Spieler begonnen - Grospellier spielte professionell StarCraft.

Das ist der Stoff aus dem die Legenden sind. Sie klingen gut, der Erfüllung eines Traums. Aber wie es den Siegern geht, wie es wirklich um sie steht, weiß niemand so genau. Wenn sie wirklich nur das Spiel haben, dann wahrscheinlich nicht so gut.

It's a hard way to make an easy living.

David "Viffer" Peat klang in einem Interview mit Card Player nicht gerade begeistert. Zunächst angelockt vom glamorösen Lebensstil, konstatiert der High-Stakes-Spieler heute: "Poker führt zu einem einsamen Leben"(Via Hard-Boiled Poker wie auch die Idee zu diesem Text). Seine Pokerkarriere hätte er gerne gegen die Chance eingetauscht, noch einmal ein Jahr vor einem möglichen Abschluss in Jura zu stehen. Wäre es so, wer weiß, was er dann sagen würde, vielleicht das Jura einsam machen würde.

Die Kunst besteht vermutlich darin, Poker in dein Leben zu integrieren. Und vor allem sicher zu sein, dass es dein Leben ist, dass du da lebst. Wie immer das auch aussieht.

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