Sonntag, 20. September 2009

Die Zentimeter zwischen Himmel und Hölle oder warum Poker weise machen kann

Was hat Poker mit Weisheit zu tun? Für viele Menschen, die nie Poker gespielt haben, ist das wahrscheinlich schwer vorstellbar. Was hat ein Spiel, bei dem sich die Leute gegenseitig das Geld abnehmen mit Weisheit zu tun? Bestenfalls gibt es eine spielerische Intelligenz, werden sie sagen, Erfahrung vielleicht, die dem geübten Spieler einen Vorteil verschafft. Doch was ist mit den negativen Gefühlen, die der Verlust von Geld und ein schlechter Lauf der Karten mit sich bringt? Noch dazu kommen die Gefahren von Spielsucht. Aus einer solchen Sicht betrachtet, begibt sich, wer Poker spielt, vermutlich ohne Grund in Gefahr. Und all das kann doch unmöglich gut sein für die Persönlichkeitsentwicklung.

Das ist zunächst einmal verständlich, möglicherweise aber etwas kurzsichtig. Angst und Furcht bestimmen das Denken, nicht der Wille etwas zu erlernen. Denn ein Pokerspieler kann viel lernen über sich und das "richtige Leben". Er lernt, dass seine Handlungen Konsequenzen haben, dass sie bedacht werden müssen. Er lernt, dass er nicht immer gewinnen kann, aber dass eine Niederlage nicht das Ende der Welt ist. Er lernt, dass er Disziplin und Ausdauer braucht, um seine Ziele erreichen. Und er lernt, dass er aufhören kann, sich selbst zu schaden, indem er eben nicht auf Tilt schaltet, nur weil eine Hand unglücklich verlaufen ist. Er lernt, sich nicht von negativen Gefühle mitreißen zu lassen, er erlangt ein Bewusstsein über die Kraft negativer Gefühle und Gedanken. Und das ist eben das Gegenteil davon, negative Gefühle zu verdrängen und zu verneinen - so als seien sie gar nicht vorhanden oder dürften gar nicht vorkommen. Wer das weiß, dem fällt es leichter, glücklich zu sein.

In seinem letzten Post schreibt Tommy Angelo darüber, wie Meditation, buddhistische Praxis und Poker zusammengehen können, obwohl das auf den ersten Blick auch ziemlich widersprüchlich erscheint. Das las ich heute Morgen und es hat mich dazu gebracht, diesen Post zu schreiben. Denn Tommy Angelo erinnerte mich an ein Buch, das ich vor zwei, drei Monaten gelesen habe. Es ist ein Buch des Basketballtrainers Phil Jackson, der mehrmals mit den Lakers und den Chicago Bulls den NBA-Titel gewonnen hat. Es geht darin auch um Meditation und Atemtechnik als Mittel die Furcht zu verlieren und sich konzentrieren zu können. "Sacred Hoops - Spiritual Lessons Of A Hardwood Warrior" ist ein weises Buch, das jeder mit Gewinn lesen kann, ganz gleich ob er auf Basketball steht oder nicht. Es ist gut erzählt, und es ist spannend zu erfahren, wie es Jackson gelang aus den Chicago Bulls eine Mannschaft zu machen, die in der Lage war den Titel zu gewinnen. Eigentlich sollten es alle lesen, die in einem Team arbeiten bzw. zusammenarbeiten wollen. Wie oft arbeiten die Leute mehr oder minder versteckt eher gegeneinander als miteinander?

Aber, hey, das ist ein Pokerblog, also warum soll ein Pokerspieler das Buch lesen? Poker hat meiner Ansicht nach viel mit Sport gemeinsam, neben körperlicher Fitness vor allem in der mentalen Einstellung. Es geht um Aufmerksamkeit, Intuition, die Fähigkeit, Entscheidungen in schwierigen Situation zu treffen. Und genau darum geht es auch in Sacred Hoops. Deswegen steckt in den Geschichten von Jackson viel, das sich leicht auf das Pokerspiel übertragen lässt; manche Passagen klingen sogar so, als wären sie für ein Pokerbuch geschrieben worden:

"In Zen it is said thet the gap between accepting things the way they are and wishing them to be otherwise is 'the tenth of an inch of difference between heaven or hell.' If we can accept whatever hand we've been dealt - no matter how unwelcome - the way we proceed eventually becomes clear. This is what is meant by the right action: the capacity to observe what's happening and act accordingly, without being distracted by self-centered thoughts. If we rage and resist, our angry, fearful minds have trouble quieting down sufficiently to allow us to act in the most beneficial way..."

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Schein ein interessantes Buch zu sein und Deinen Schlussfolgerungen kann ich mich nur anschliessen. Ich lese gerne und viel, auch und gerade veile Bücher die Vordergründig nichts mit Poker zu tun haben. Aber mental macht das eine Menge aus. Viel Erfolg