Dienstag, 27. Oktober 2009

Turnierpoker und das Bauchgefühl

Seitdem ich aus Barcelona wieder zurück bin, habe ich mehr Turniere als gewöhnlich gespielt. Ich war motiviert, aber die Karten waren selten auf meiner Seite. Das kommt vor, und darüber gibt es meist wenig zu berichten. Obwohl es manchmal schon extrem grausam ist. Da spielst du mehrere Stunden, und oft ist es eine Hand, die mit einer hässlichen Geste die mühselig angesammelten Chips vom Tisch fegt. Manchmal scheinst du es zu ahnen, und doch ist deine Hand so gut, dass du einfach nicht davon weg kommst. Joe Hachem hatte so eine Ahnung bei der diesjährigen WSOP. Er rieb sich den Bauch, verzog das Gesicht und entsorgte AK noch vor dem Flop.



Zugegeben, die Ansage seines Gegners war kräftig, und das macht es dann etwas leichter, ein entsprechendes Magengrummeln zu entwickeln.

Aber es kommt ja darauf an, das seltsame Gefühl im Magen zu deuten. Läuft es jetzt gut, läuft es jetzt schlecht, oder ist es diese Hand, die den bisherigen Trend umkehrt? Kürzlich bei einem Turnier lief lange nichts, dann hatte ich einen kleinen Lauf und die richtigen Calls gemacht. Fast sah es so aus, als könnte ich mit einem ordentlichen Chipstapel in die letzten Runden gehen. Das Momentum schien auf meiner Seite. Damen lachen mich an, etwa 40.000 Chips, die Blinds sind 300/600. Ich erhöhe aus mittlerer Position auf 1500, doch mein Nachbar glaubt, dass nun der Moment gekommen sei, seine 23.566 Chips in die Mitte zu stellen. Was nun? Nach meiner Erfahrung bin ich vorne. Ich setze meinen Gegner auf ein mittleres Paar, auf AK, also Hände, die nicht ungbedingt einen Flop sehen wollen. Mein Bauch schwieg, glaube ich jedenfalls, und wenn er doch etwas gesagt hat, kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Weil ich das Turnier gewinnen will, bezahle ich, und es sieht für einen Moment gar nicht schlecht aus.



Diese Hand brach mir das Genick, das Momentum ging flöten, ich kam gerade noch ins Geld. Turnierpoker kann grausam sein. Ärgerlich ist es, wenn du die Situation richtig einschätzt, die richtige Entscheidung triffst und die Karten dir einen Strich durch die Rechnung machen. Trotzdem findest du, dass dein Gegner es nicht verdient hatte, diese Hand zu gewinnen. That's poker, I guess. Vermutlich wird er seine Entscheidung mit einem Bauchgefühl erklären.

Manchmal ist einem das eigene Bauchgefühl nicht geheuer. Gestern Abend spielte ich ein Sit&Go mit 90 Spielern. Die Hälfte war noch dabei, der Finaltisch noch nicht in Sicht, und mein Bauch meldete, wer das Turnier gewinnt. Wenn es bei deinem Gegner so weiter läuft, ist heute kein Kraut gegen ihn gewachsen. Das war die Ansage. Im Heads Up trafen wir uns wieder, und ich habe alles getan, den Beweis anzutreten, dass auf Bauchgefühle nicht viel zu geben ist, weil ich einfach der bessere Spieler sei.





Bin also wieder um eine Erkenntnis reicher. Mein Bauch ist schwer zu verstehen, aber er lügt nicht.

3 Kommentare:

Jeru hat gesagt…

Schöner Bericht!
Das mit dem Bauchgefühl kann ich bestätigen und ich denke, das hat jeder schonmal gehabt.

In Zeiten eines schleichenden Tilts z.B. kann das Bauchgefühl aber auch sehr trügerisch sein. Obwohl ich eigentlich nicht sicher bin, ob es wirklich ein Bauchgefühl ist oder ob es von woanders herkommt! ;-)

Victor Vega hat gesagt…

Möge die Macht mit uns sein;-)

Der Poker Profi hat gesagt…

Cooles Video zum Thema Bauchgefühl! Oft ist es ja so, dass schlechte Spieler trotz des Bauchgefühls AKo nicht folden können...