Mittwoch, 26. Mai 2010

Die immergleiche Leier: Poker und Sucht

Irgendwie weiß man ja immer vorher, was drin steht in den Beiträgen der öffentlich-rechtlichen Rundfundkanstalten, wenn es um das Thema Glücksspiele und Sucht geht. Könnte es sein, dass es sich um eine Art Denkverbot handelt? Tut sich da nichts? Gibt es da gar keinen Erkenntnisgewinn?

Diesmal beschäftigt sich der bayerische Rundfunk mit dem Thema: "Wenn Glücksspiele süchtig machen." Angeblich versuchen rund 80 Prozent der pathologischen Spieler ihr Glück an den den staatlich nicht regulierten Geldspielautomaten. Das führe zu "absurden Szenarien - wenn staatlich regulierte Spielbanken und gewerbliche Spielhallen zum Beispiel Tür an Tür nebeneinander liegen." Wobei hier die räumliche Nähe als besonderes Merkmal für die Absurdität der Regelung herhalten soll.

Tatsächlich hat das mit der Lebenswelt der meisten Menschen wenig zu tun. Denn die eigentliche Absurdität ist diese: "Zum einen hat der Staatsvertrag öffentliche Glücksspiele im Internet zwar prinzipiell verboten. Davon wenig beeindruckt, blüht der illegale 'Online-Markt' seitdem aber erst so richtig auf - völlig unreguliert." Und der Zugang zu diesen Glücksspielangeboten steht bei den meisten Leuten direkt auf dem Schreibtisch.

Das Verbot bringt es also nicht. Was nun? Es wird dann noch etwas lustiger, wenn nun ein paar biedere Forscher herangezogen werden, die so ein Art Messsystem erfunden haben wollen, um damit den unmündigen Spielern zu zeigen, wo es lang geht: "Es könnte ein Maß liefern, wie viel Spielerschutz jeweils nötig ist und helfen, den Spieler vorab zu warnen - genau damit sind die meisten Spieler selbst nämlich überfordert: Sie können oft gar nicht einschätzen, welcher Gefahr sie sich aussetzen." Da würde ich jetzt mal so sagen: Gute Arbeit, Leute! Aber ein bisschen spät, oder? Vielleicht denken wir bei der Gelegenheit darüber nach, wie viele Leute eigentlich noch zur Wahl gehen sollten. Schützen wir sie lieber. Schließlich könnte es sein, dass die gar nicht wissen, was sie sich selbst antun. Nur so ein Verdacht.

Worauf das hinausläuft, wird dann auch schnell klar. Glücksspiel sei nicht gleich Glücksspiel. Sie dürften deswegen nicht über einen Kamm geschert werden:

"Genau das aber macht der Staatsvertrag: Poker und Roulette beispielsweise im Internet zu verbieten, ist aus suchtpräventiven Gründen sinnvoll - zu verbieten, einen Lottoschein im Internet auszufüllen, dagegen nicht. Momentan ist aber beides nicht erlaubt." Da ist es wieder, das gute alte Denkverbot. Das nennt sich Suchtprävention. So macht man aus Süchtigen, die nicht wissen, was sie tun, mündige Spieler. Spielt mehr Lotto!

Der Kandidat erhält hundert Punkte auf der Ignoranzskala. Das ist ziemlich weit vorne. Glückwunsch!

3 Kommentare:

Bernhard hat gesagt…

Hallo Victor,

lese mich gerade in das Thema etwas ein. Ein Bekannter der im Spielerschutz tätig ist hat mir "Rien ne va plus - wenn Glücksspiele Leiden schaffen" empfohlen.
Dort steht auf Seite 56 - Fallbeispiel Lotto:
"Das Lottospiel, das in der Bevölkerung am meisten verbreitete Glücksspiel, wird in der Regel als moderates Glücksspiel eingeschätzt. Dennoch zeigen historische wie auch aktuelle Berichte, dass das Lottospielen ein nicht zu unterschätzendes Suchtpotential hat (Wood & Griffiths, 2004)." (S. 56)

Vermutlich bald mehr zu diesem Thema bin die Woche viel unterwegs.

Schöne Grüße aus Frankfurt
Bernhard

PS: selbstverschuldete Unmündigkeit... unser Gesellschaftssystem (= wir) hat wenig Interesse daran, dass wir mündige Bürger sind/haben/werden... außerdem ist das auch ziemlich viel Arbeit für den einzelnen...

Victor Vega hat gesagt…

Hallo Bernhard,

was hat nicht alles Suchtpotential und vor allem schwerwiegendere gesellschaftliche Folgen als das Pokerspiel?

Ich will das Suchtpotential von Poker nicht verharmlosen, aber die meisten Menschen können nach einer Weile ganz gut mit dem Online-Spiel umgehen. Das muss man lernen wie auch das Spiel, und dann muss es jedem erwachsenen Menschen überlassen werden, ob er das will oder nicht.

Das Argument Suchtprävention reicht deswegen meiner Meinung nach für ein Verbot nicht aus. Was müssten wir da sonst noch alles verbieten?

Schönen Gruß
Victor

Bernhard hat gesagt…

Hallo Victor,

bin da ganz Deiner Meinung.
Finde die generelle "Überregulierung" und eine äußerst schwache Exekution nur ineffektiv und gefährlich. Das zieht sich praktisch durch alle mir bekannten Bereiche und reicht von lächerlich über grotesk bis sehr bedenklich... siehe neuestes "Terrorgesetz" in Österreich...

Sitze hier gerade in Frankfurt am Bahnhof, wo sehr offensichtlich Drogen auf offener Straße am hellichten Tag gedealt werden... gestern meinte ein Bekannter, der in Frankfurt wohnt, dass hier auch "Fixer-Buden" also wo Leute passendes "Besteck" vorfinden... also entweder ich verbiete etwas oder nicht, aber dann bitte richtig oder gar nicht, aber nicht so Schwachsinn...

Schöne Grüße
Bernhard