Mittwoch, 8. September 2010

Wetten, wann und wo du willst

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute das staatliche Monopol auf Glücksspiele und Sportwetten in Deutschland gekippt. Es sei zwar zulässig, dass ein EU-Land den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit beschränke, jedoch nur, wenn damit beispielsweise Spielsucht bekämpft werde. Weil aber deutsche Anbieter für ihre Dienste werben und auch reichlich private Geldspielautomaten genehmigt würden, sei das Monopol nicht mehr gerechtfertigt. Und gerade diese Automaten sind das bevorzugte Objekt der Spielsüchtigen.

Bigott war die bisherige Regelung also immer schon. Und genau das bescheinigt der EuGH den deutschen Gesetzgebern. Es klingt also zunächst nach einem vernünftigen Urteil. Aber das heißt noch lange nicht, dass Poker im Internet jetzt legal wäre. Bei Hochgepokert wird spekuliert: "Die lange ersehnte vollkommene Legalisierung Onlinepokers lässt also weiterhin auf sich warten. Jedoch könnte durch das Kippen des Glücksspielstaatsvertrages durch den EuGh ein erster, sehr wichtiger Schritt in diese Richtung unternommen worden sein. Schließlich war es auch dieser Vertrag, der die Angebote privater Online Pokerplattformen in Deutschland massiv einschränkte. Spekulativ könnte vermutet werden, dass Deutschland nun einen ähnlichen Weg einschlagen wird, wie Frankreich oder Italien und staatliche Lizenzen für private Anbieter vergibt. "

Wie absurd das Glücksspielmonopol in Zeiten des Internets ist, wissen die meisten Zeitgenossen und ignorieren es deshalb geflissentlich. Ein Spiegel-Artikel im Vorfeld des Urteils skizzierte die Situation und zitierte ausführlich die Studie des Beratungsunternehmens Goldmedia:

"Erstens: Bei einem geschätzten Jahresumsatz von 7,8 Milliarden Euro entfallen lediglich 485 Millionen Euro auf legale Wetten, davon 185 Millionen Euro auf den staatlichen Anbieter Oddset. Auf die restlichen 94 Prozent der Umsätze werden keine Steuern und Abgaben gezahlt.

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Zweitens: Die Goldmedia-Studie zerpflückt die einzige Rechtfertigung, die es aus juristischer Sicht für das Glücksspielmonopol gibt. Wenn nur ein Bruchteil der Wetten - trotz Monopol - über den staatlichen Anbieter laufen, wenn 94 Prozent der Wetten am staatlichen Markt vorbeigehen, dann kann der Staat weder Spielsucht noch Manipulation kontrollieren."

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