Sonntag, 2. Januar 2011

Pynchons LSD-Ermittlungen, Nine of Diamonds und die Legende von der Dead Man's Hand

Lese derzeit Pynchons Natürliche Mängel, eine Detektivgeschichte, angesiedelt im Los Angeles der 1970er-Jahre, überall schwirren schräge Gestalten mit noch schrägeren Namen durch die Landschaft und versuchen sich unter dem Einfluss verschiedener Substanzen einen Reim auf den Kapitalismus zu machen. Das geht nicht immer gut, birgt aber hinreichend Stoff für turbulente Szenen und gelegentlichen Slapstick. Die Bürotür des Helden Doc Sportello gibt einen Hinweis auf seinen Broterwerb -  LSD Ermittlungen, "wobei LSD, wie er auf die nicht eben häufigen Nachfragen erklärte, für 'Lokalisierung, Sicherheitschecks, Detektei' steht" und, wie um jedes Missverständnis auszuräumen, prangte darunter "die Darstellung eines riesigen, blutunterlaufenen Augapfels mit buchstäblich Tausenden von durchgeknallten Kapillaren in den psychedelischen Lieblingsfarben Grün und Magenta, mit deren detaillierter Wiedergabe Doc eine Kommune von Speedfreaks beauftragt hatte...". Das soll genügen als Hinweis, der Verlauf der Handlung ist eh nicht in drei oder vier Sätze zu erklären.

Im Zuge der Ermittlungen jedenfalls wird für Doc Sportello, der ein lässiger Zeitgenosse ist und nicht mehr sauer war, "seit Wie-heißt-er-doch-gleich diesen Freiwurf versiebt hat", ein Abstecher nach Las Vegas fällig. Dort sucht er zwei Typen, die Musical-Songs singen und durch Feinfühligkeit darauf spezialisiert sind, einarmige Banditen auszunehmen, sowie einen Laden namens "Nine of Diamonds, daußen am Boulder Highway". So reiht sich eine absurde Geschichte an die nächste, aber jetzt sind wir endlich bei der Dead Man's Hand.  

"Laut Bigfoot Bjornsen, der mit Hilfe dieses Western-Trivialität schon so manche Kneipenwette gewonnen hatte, war die Nine of Diamonds, die Karo neun, neben den schwarzen Assen und Achten die fünfte Karte in Wild Bill Hickoks letzter Pokerhand." Dem internationalen Pynchon-Dechiffrier-Syndikat angehörend, musste natürlich geprüft werden, welche die fünfte Karte der Dead Man's Hand war. Außerdem will man ja für eventuelle Kneipenwetten gerüstet sein. Auf die Schnelle wird die Angelegenheit schwieriger als gedacht.

Kaum fängst du an, begegnet dir gleich ein wisenheimer, der glaubt, dass die Dead Man's Hand von Wild Bill gar nicht die richtige Dead Man's Hand war. Daniel Negreanu erklärte mal am Rande von High Stakes Poker, warum die Asse und die Achten vielleicht reine Erfindung gewesen sein könnten. Die erste Erwähnung einer Dead Man's Hand stamme aus dem Jahr 1886, zehn Jahre nach dem Tod von Wild Bill. Ein Richter fiel tot vom Stuhl, weil er sein Haus mit Jacks Full of Tens gegen Queens Full verloren hatte.  



Das war zehn Jahre nach dem Tod von Wild Bill. Ihn erwischte es am 2. August  1876 in Saloon Nr. 10 in Deadwood. Er wurde hinterrücks erschossen von Jack McCall. Aus der Zeit selbst aber gibt es keine verlässlichen Aufzeichnungen, was die fünfte Karte der Hand von Wild Bill gewesen sein könnte. Zur Debatte stehen neben der Nine of Diamonds auch der Karo-Junge, wie ein Zeuge im Prozess gegen McCall zu Protokoll gab. Die Nine of Diamonds soll angeblich auf einen Augenzeugenbericht zurückgehen. Im Angebot sind noch ein paar weitere Karten. Das erklärt, warum Pynchon im Nine of Diamonds, draußen am Boulder Highway in Las Vegas, eine Band namens Carmine & the Cal-Zones auftreten lässt, und die spielen ihr neuestes Stück:

Keiner weiß, wie's geschah, nur
die Lasagne
Nur die Lasa-gne!
Nur die La-sa-hah-gne!


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Keep posting stuff like this i really like it

Anonym hat gesagt…

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