Montag, 31. Oktober 2011

Negreanu: "Ein großer Haufen Angsthasen"

Pokerspieler sind ein großer Haufen Angsthasen, sagt Daniel Negreanu in einem PS-Interview, weil angeblich niemand den Schneid hätte, Leuten wie Fergueson, Lederer oder Russ Hamiltion von Angesicht zu Angesicht richtig die Meinung zu geigen:

"Das Lustige an der Pokerwelt ist, dass wir ein Haufen Feiglinge sind. Im Internet sagen alle 'Oh nein, die schulden uns Geld', aber ihnen direkt gegenüber sagt keiner etwas. Russ Hamilton spielt auch heute noch in Florida, aber keiner geht zu ihm hin und sagt etwas. Eventuell sind die beiden zu beschämt, sich noch mal irgendwo zu zeigen, aber ich denke ehrlich, dass wir als Community ein großer Haufen Angsthasen sind, die kein Rückgrat haben und lieber wegrennen."

So sicher wäre ich mir angesichts der Wut über Full Tilt zwar nicht, wenn Fergueson oder Lederer irgendwo auftauchen, aber wie dem auch sei. Das Interview ist lesenswert, gerade weil Negreanu über seine inneren Widersprüche spricht. Er ist dafür, dass man seine Meinung sagt, aber das Leben als öffentliche Pokerperson gefällt ihm nicht. Der Phil Ivey-Weg wäre ihm lieber, sagt er, und gibt das nächste Interview.

Zum Thema Regulierung: "Man muss sich jedoch fragen: Ist es wirklich notwendig, um es besser zu machen? Für die USA ist das offensichtlich der Fall, denn alles ist besser als nichts. Man muss abwarten, wie der Einfluss der Regierungen den Prozess beeinflussen wird. Was, wenn sie entscheiden, den US-Markt zu öffnen und den Rake auf 5% pro Hand festzulegen? Wer weiß, was passieren wird?"

Ein Grund mehr, dass bei diesem Prozess, wie immer er dann laufen wird, eine gute Interessenvertretung der Spieler dabei ist.

Glücksspiel um Staatsvertrag

Das Gezerre um den Online-Glücksspielmarkt und den Glücksspielstaatsvertrag schlägt weiter Kapriolen. Anstatt Online-Poker endlich zu entkriminalisieren und in vernünftiger Weise zu regulieren, machen die hehren Vertreter der Bundesländer weiter nach dem Motto: Augen zu und durch. Die Länder haben sich mit Ausnahme Schleswig-Holsteins auf einen neuen Vertragsentwurf geeinigt, der am 15. Dezember verabschiedet werden soll. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Harry Carstensen ist von dem neuen Entwurf nicht überzeugt und rechnet mit einem erneuten Einschreiten der Europäischen Kommission. Anbieter und auch der Heidelberger Verfassungsrechtler Prof. Dr. Bernd Grzeszick erwarten das. Die Welt fasst zusammen:

"So sollen statt zunächst sieben jetzt 20 Konzessionen vergeben werden. Eine Zahl, die willkürlich wirkt, nach Angaben des zuständigen Koordinators, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), aber der Mindestanforderung der EU entspricht. Als Konzessionsabgabe sollen die privaten Wettanbieter fünf Prozent der Einsätze abführen. Online-Poker und Casinospiele im Internet bleiben verboten. Vielleicht jedenfalls.

Hessen und Niedersachsen haben nämlich ihre Zustimmung zu dem Vertrag unter den Vorbehalt gestellt, dass ihre Spielbanken, die wie alle Spielbanken unter Besucherschwund leiden, ihre Kugeln künftig auch live im Internet rollen lassen können. Dies müsse zumindest noch mal eingehend geprüft werden, verlangte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU)."

Laut Zeit beträgt die Steuerbelastung für den Spieleinsatz derzeit 16,6 Prozent und würde damit deutlich gesenkt. Diese reduzierte Konzessionsabgabe halten Anbieter wie Jaxx für tragbar (Reuters).

Laut Statistischem Bundesamt erzielte der Staat 2010 aus dem Glücksspiel 3,3 Milliarden Euro. Den größten Anteil sicherte sich Nordrhein-Westfalen mit etwa 700 Millionen Euro. Schlusslicht Bremen nahm etwa 27 Millionen Euro ein.

Wer sich den alten Glücksspielstaatsvertrag zu Gemüte führen will ...

Sonntag, 30. Oktober 2011

Die FIFA des Poker

Ich habe mich noch nicht näher mit der International Federation of Poker (IFP) beschäftigt, aber so wie sich die Lage entwickelt, brauchen Pokerspieler dringender denn je eine gute Interessenvertretung. Das Wall Street Journal berichtet über die IFP und hat den aktuellen Präsidenten, den Journalisten und Poker-Autor Anthony Holden, getroffen. Ziel der IFP ist, Poker als anerkannten "Mind Sport" zu etablieren und dafür zu sorgen, dass Poker in einer sicheren und legalen Umgebung gespielt werden kann. Mitte November veranstaltet die IFP zwei eigene Turniere in London. Laut Holden will die IFP die "FIFA des Poker" werden, die hoffentlich skandalfreie Variante. Holden über die vermeintliche Verbindung von Literatur und Poker und was Poker lehren kann:
  • "We came to the conclusion that they were both difficult and they get you away from other areas of your life. But I'm not sure we succeeded in working out what the link is."
  • "But there would be a stigma to an afterschool poker club. But they both have much to teach: It sharpens your ability to calculate. You need to know what your return on investment would be, what chips are available to be won, what you have to hazard to win it. On top of the math, there is psychology, the need to follow the moods of a player over the course of long game, to recognize fear, panic, frustration, aggression, all of our foibles, is great practice for business, relationships and life."

Samstag, 29. Oktober 2011

"Bots sind die größte Gefahr im Online-Poker"

Pius Heinz hat eine gute Woche vor dem Finaltisch des Main Event dem Kurier aus Wien ein Interview gegeben. In Wien lebt Heinz angeblich in einer Poker-WG und aus steuerlichen Gründen. Was ihn an den Finaltisch brachte: 80 Prozent Glück, 20 Prozent Können.

Über Bots sagt er: "Diese Bots sind sicher die größte Gefahr im Online-Poker in nächster Zeit, besonders auf kleineren Pokerseiten. Wenn man sieht, was die jetzt schon schaffen, muss man sagen: Die können auch schon Weltmeister werden."

In einem 2+2-Thread sind einige Graphen von vermeintlichen Bots zu finden, die inzwischen nicht mehr nur NL5 für Rakeback spielten, sondern die Midstakes crushen.

In der Bild ist die WSOP ebenfalls Thema und die Bild hat einen Trend erkannt: Die November Niner spielten bislang ohne Sonnenbrille.

Freitag, 28. Oktober 2011

Baseball-Drama, Poker Hall of Shame und Las Vegas in den 60ern

Two-Strike-Two-Out-Two-Run-Triple – so klingt der Fachsprech für ein knallhartes Sportdrama. Im sechsten Spiel in der Finalserie retteten sich die St. Louis Cardinals gegen die Texas Rangers auf den letzten Drücker in Spiel sieben. Dabei sahen die Rangers die meiste Zeit wie der sichere Sieger aus. Zweimal fehlte nur ein Pitch. Beide Mannschaften haben vergleichsweise kleine Budgets – wie im Film "Moneyball" schrieb die FR deshalb. Spiel sieben heute Nacht um 8.00 ET. Madness in the Making.

Okay, this is a poker blog. So let there be poker.

Wenn mich nicht alles täuscht, ist es blogtechnisch bei vielen etwas ruhiger geworden. Es wird unregelmäßig gepostet, einige haben sich ganz verabschiedet und wenn doch ein Lebenszeichen, dann geht es gar nicht immer nur um Poker. Der Schwarze Freitag und das Full Tilt-Desaster hinterlässt Spuren. Oder hat das eine nichts mit dem anderen zu tun?

Gibt es aus Sicht der Spieler eigentlich bisher klar formulierte Konsequenzen aus dem Schwarzen Freitag?

Die Geschichte von Full Tilt zeigt, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass ein noch so lukratives Unternehmen auch vernünftig geführt wird. Gut, dafür braucht man nicht unbedingt Full Tilt. Das ist gegenwärtig eher en vogue, wenn man an die Eigenkapitalquoten der Banken denkt. Nur sollten sich Pokerspieler nicht mit halben Ratschlägen zufriedengeben: "Wenn wir seit dem Black Friday etwas gelernt haben, dann ist es sicher die Tatsache, dass wir auf mehrere Pferde setzen müssen. Zahlt nicht euer Geld in nur einen Pokeraccount ein. Zahlt genau genommen auf keinen Fall überhaupt euer ganzes Geld nur in Pokeraccounts ein“, schrieb Barry Carter. Und er hat recht, nur das Problem ist deswegen nicht gelöst. Die Minimalforderung als Folge des Schwarzen Freitag muss lauten, dass Lizenzierungsbehörden ihren Namen auch verdienen und zumindest regelmäßig kontrollieren, dass die Spielergelder jederzeit sicher sind und in keinem Fall zur Deckung laufender Geschäftskosten herhalten. Und das muss natürlich transparent und nachvollziehbar sein. Pokermedien könnten dabei helfen, indem sie zum Beispiel die derzeitigen Anbieter einem Test unterziehen. Die bisherige Berichterstattung ist viel zu harmlos, was strukturelle Gründe hat. War da was bis auf Quadjacks und Subject:Poker? Please correct me.

Es gab in den vergangenen Monaten viele schlechte Nachrichten für die Pokerwelt. Die großen und die kleinen Pokerbetrüger. Vielleicht wäre es tatsächlich mal an der Zeit eine "Poker Hall of Shame" einzurichten. Daniel Negreanu votierte, nicht wirklich überraschend, für Anni Duke und Howard Lederer als Königin und König der Veranstaltung. Ein Pranger zielt bekanntlich nicht auf Rehabilitation, sondern auf Bloßstellung. Deswegen müssten Übeltäter die Chance zur Bewährung haben, irgendwann. Gehörten zum Beispiel Haseeb Quereshi und Daniel Cates in die Hall of Shame? Immerhin, es dürfte jenseits aller strafrechtlichen Debatten eine hübsche Galerie werden.



Las Vegas 1962 from Jeff Altman on Vimeo.

(Via Tao of Poker)